Kapitel 3

Als die vier auf dem großen Platz eintrafen, wurde es
schlagartig mucksbärchenstill.

Alfonse schlurfte ein wenig schwerfällig bis zur großen Säule
und drückte auf einen besonderen auffällig prächtigen Fleck
in Augenhöhe. Zur Übarraschung vieler (kollektives "Uff!"
erfüllte den Platz)knirschte es kurz, als wenn ein Räderwerk
nach langer Zeit wieder bewegt wird, dann schoben sich
drei Stufen und eine kleine Plattform aus der Säule.
Alfonse kraxelte etwas mühselig hinauf, setzte sich
und war nun in Augenhöhe mit Archie, für alle gut sichtbar.

Er sah ihn kurz an, seufzte noch einmal tief
und fing an, zu erzählen.

" Wir sollten euch einige Dinge erklären.

In unseren Völkern hat es - wie Ihr wisst -
aus unerfindlichen Gründen schon immer mal wieder
Bären gegeben, die ein wenig... anders waren als die meisten.
Unser Nationalsport, Ex trem Cau Tsching war nichts für sie,
geregelte Abläufe langweilten sie schnell ohne Ende,
und meist konnte man das schon erkennen, wenn sie
noch in ihren Wohnstrümpfen zappelten, weil sie
besonders neugierig waren und pausenlos Fragen stellten
und immer an Orten rumlungerten,
an denen sie nichts verloren hatten
- Pi, kannst du die Mechanik bitte später untersuchen?"
Er griff nach unten und hob den Hosenmatz auf die Plattform.
"Hör lieber zu, insbesondere für dich
könnte das interessant sein."
Ein leises Lachen schien hinter Esbäranzas Fächer zu hören.

"Diese Bären zog es früher oder später in die Welt hinaus.
Bärlin hat uns immer versichert, dass hinter all dem
ein tieferer Sinn steckt. Welcher, konnte -
oder vielleicht auch wollte oder durfte -
er uns damals nicht erklären.
Ihr alle kennt vielleicht noch den ein oder anderen dieser Bären: Bärherazade, sie hat mal am Hof eines maurischen Königs getanzt,
bevor sie sich für ihren Lebensabend
ins Wesabärk-Land zurückgezogen hat.
Das Obärhuhn wurde ein Dankeschön und lebt heute
am Stein namens Hel Pen. Unsere bildschöne Esbäranza hier
war wolländische Botschafterin in einem warmen Land
namens Mä Chi Ko und hat bei einem
Sombrerohersteller gelebt.

Tja
und ich...
... für mich hat es sich immer richtig angefühlt,
auf einem Schiff zu sein.
Und so bin ich von der Insel weg"
"Wie denn?" fragte Pi.
"Sei nicht so voreilig, du Fratz, warts ab"
sagte Archie lächend.
"und habe auf einem großen Schoner angeheuert.
Das ist ein riesiges Schiff mit Tüchern aus Gaan,
die in den Wind gehalten werden.
So kommt es schnell vorwärts. Ich habe viele Länder bereist"
anerkennendes, neugieriges Geplapper
brandete einmal kurz durch die Menge,
"aber das alles zu erzählen, wäre jetzt zu lang.
Das können wir während unserer Reise tun."

Die Brandung wurde lauter, so laut,
dass Archie einmal kurz "Hall Lo!" rufen musste.
"Denn nun kommen wir zum wichtigsten Punkt meiner Rede,
und für mich fügt sich plötzlich alles zusammen
wie ein Puss Ell".
"Was ist das?" fragte Pi. "Schhhhht!" antwortete die erste Reihe.

"Auf einer meiner Fahrten nämlich
traf ich diesen rotmützigen Kerl hier.
Er hat mir alles beigebracht, was man über die Seefahrt
wissen kann,
nur in den Mastkorb zum Ausschau halten durfte ich nie"
"Aber nur, weil du nicht über den Korbrand gucken kannst",
lachte Archie,
"und Leitern sind da oben nicht erlaubt."
Alle lachten, und Alfonse schnaubte einmal kurz auf,
musste dann aber selbst lachen.

"Wenn Ihr nun einmal eins und eins zusammen zählt"
"bekommen wir zwei!" piepste Pi auf seinem Podest,
was ihm allerdings einen strengen
Blick von Miou einbrachte.
"dann haben wir hier alles, was wir brauchen,
um Bärlins Rat zu folgen"
Alle wandten sich Esbäranza zu.
"Wir haben jede Menge Gaan, um Dinge zusammen zu binden
und Seile zu flechten. Wir haben Kisten"
- schnelle Seitenblicke von Archie und Miou auf Rubeus,
der genauso schnell wegsah -
"um ein Schiff zu bauen. Wir haben gewebtes Tuch,
das Bär Belle in der Höhle zurück gelassen hat,
um Segel in den Wind zu halten.
Wir haben den besten Seekartenleser unter der Sonne"
Alfonse wurde rot unter seinem Fell,
was Bär En Künz Ler lob niemandem bärsonders auffiel,
"und wir haben jemanden, der schon einmal
am Niebärrhein war und von seinem Mastkorb bestimmt
den Weg dorthin finden kann -
und uns zur großen Blonden führt."

Kollektives Denken. Schweigend.
Hier und da verzogen sich die vorher so
angespannten Bärenschnauzen zu einem kleinen
Grinsen. Dann fragte jemand:
"Und worauf sollen wir den Mastkorb packen?
Auf ganz Wolland gibt es keinen hohen Baum,
weil das Gaan zu nachgiebig ist,
wenn es lange Dinge bilden soll."
Alle Schultern fielen wieder nach unten.
Bis Pi langsam und mit fröhlichem Gesichtchen
an der großen Säule emporblickte und alle
anderen ihm das nach machten.

Archie auch. Er stutzte kurz, kratzte an der Oberfläche
des Marmors, und ein Stück Farbe ging ab.
Darunter kam eine bärenfellbraune Substanz zum Vorschein.
Archie schnupperte daran, drehte sich um und sagte:
"Zumindest einen Baum muss es hier einmal gegeben haben,
wenn auch vielleicht vor langer Zeit".

"Sogar daran haben sie gedacht!" staunte Alfonse.

Und ohne danach zu fragen, wer denn "Sie" seien,
brach das ganze Volk in begeistertes Brummen aus.